Als Physiker war Moshé Feldenkrais der naturwissenschaftliche Hintergrund seiner Arbeit wichtig. Er machte für seine Zeit bahnbrechende Aussagen zum Lernen und zur menschlichen Entwicklung.
Seine interdisziplinäre Herangehensweise schuf eine ganzheitliche Betrachtung, die nicht nur allgemein verständliche Einsichten ermöglichte, sondern auch wissenschaftlich immer weiter untermauert werden konnte.
Mich interessieren nicht bewegliche Körper, sondern bewegliche Gehirne.
Moshé Feldenkrais
Wie wirkt Feldenkrais?
- Verbesserung der Selbstregulation
- Das Lernen lernen
- Wie wirksam ist Feldenkrais?
- Feldenkrais im therapeutischen Kontext
- Studien in vielfältigen Bereichen
Es ging Feldenkrais also um das, was man kognitive Funktionen („bewegliche Gehirne“) nennen kann und wie Bewegung damit zusammenhängt.
Prozesse der Wahrnehmung, Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeitssteuerung und Entscheidungen laufen vielfach automatisiert ab. Bewegungen und ihre Steuerung laufen ebenfalls häufig automatisiert ab. Es gilt nun, diese „unbeweglichen Gehirne“ wieder geschmeidig zu machen.
Eine Feldenkrais-Lektion (egal ob Gruppenlektion oder Einzelstunde) enthält daher immer etwas
- Neues
- Komplexes
- Schwieriges (aber nicht Belastendes)
- Unvorhersehbares
Sehr wirksam ist auch die Trennung von Gedanken und Bewegung, d.h. die Bewegungen können imaginiert werden.
Verbesserung der Selbstregulation
All dies verbessert die Selbstregulation, denn motorische Fähigkeiten und kognitive Kompetenzen beeinflussen sich wechselseitig.
Man lernt sich besser anzusteuern und die verbesserten Handlungen wirken wiederum auf eine Erweiterung der Möglichkeiten, die ihrerseits neue Steuerungsmöglichkeiten eröffnen. Die Regulation emotionaler, mentaler, physischer und sensorischer Prozesse läuft integrierter ab. Störende Gewohnheiten, ungewollte Spannungen und „Launen“ sind nun erkennbar und abbaubar.
Sich selbst zu erkennen scheint mir das Wichtigste, was ein Mensch für sich tun kann.
Moshé Feldenkrais
Das Lernen lernen
Wenn ich also lerne, etwas neu zu tun und nicht nur das, sondern auch wie ich etwas neu tue, so lerne ich, auf welche Art, also wie ich etwas lerne. Es ist so etwas wie ein „kognitionsgeführtes Ansteuerungstraining“ und das hilft nicht nur „parasitäre“ Muster zu vermeiden, sondern wirkt belebend und erfrischend auf die ganze Person. Denn ein gefordertes Gehirn bildet neue Verknüpfungen. Die Neurogenese hält lebenslang an, aber sie bedarf der Stimulation! Die wissenschaftlichen Entdeckungen dazu sind relativ neueren Datums. So erhielt der Hirnforscher Eric Kandel im Jahr 2000 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für seine Arbeit auf dem Gebiet der Veränderbarkeit neuronaler Verknüpfungen im Zusammenhang mit deren Stimulation.
Wie wirksam ist Feldenkrais?
Wenn Feldenkrais als Methode nun so etwas wie Selbsterkenntnis und kognitive Kompetenz „bewirken“ soll, ist ein wissenschaftlicher Nachweis darüber naturgemäß nicht einfach. „Wissenschaftlich als wirksam erwiesen“ bedeutet immer noch, dass etwas quantifizierbar, zählbar ist. Eine Qualität wie Selbsterkenntnis zu quantifizieren, stößt aber auf erhebliche methodische Schwierigkeiten. Sind messbare hirnphysiologische Prozesse involviert, liegt die Hürde wegen erheblicher finanzieller und zeitlicher Aufwendungen (teure Technik, Langzeitstudien) hoch.
Andererseits sind die wahrgenommenen Veränderungen nach einer Feldenkrais-Lektion von den Teilnehmenden deutlich spürbar. Interessant ist auch die Tatsache, dass Zusammenhänge von bewusstem Bewegen und Selbstregulation auch in anderen Bereichen derzeit gerade „neu“ entdeckt werden. Unter einem Stichwort wie „Neuroathletics“ oder „Fit im Gehirn durch Bewegung“ wurde diese Thematik zunächst im Leistungssport untersucht. Es findet nun aber auch Eingang in Bereiche der schulsportlichen Pädagogik, des Breitensports und der Altersforschung sowie des Gesundheitswesens im Allgemeinen. Dennoch sind dies derzeit noch zaghafte Anfänge, bei denen die Praxis im Vordergrund steht und die empirische Forschungslage noch sehr dünn, wenn auch ermutigend ist. Es sind also Bereiche, die immer noch um Beachtung bemüht sein müssen.
Feldenkrais im therapeutischen Kontext
Verbesserte Selbststeuerung ist natürlich auch im Bereich von Therapien verschiedenster Art relevant.
Es gibt eine Reihe deutschsprachiger Studien zur Reichweite der Feldenkrais-Methode in folgenden Bereichen:
Studien in vielfältigen Bereichen
- aufmerksamkeitsgestörte Kinder
- Grundschulkinder
- Traumapatienten
- Alkoholkranke
- Multiple Sklerose Patienten
- von Essstörungen Betroffene
- Krebspatienten
- Untersuchung zur Stressreduktion
- analytische Psychotherapie
Links zu Studien zur Feldenkrais-Methode
Nachfolgend finden Sie einige Links zu Studien und Forschungsergebnissen:
Krebstherapie
Studie "Zur Wirksamkeit der Feldenkrais-Methode bei Krebs-Betroffenen" von Robert Grübel, Gabriele Erbacher und Dipl.-Psych. Astrid Larisch
Multiple Sklerose
Feldenkrais-Training bei Multipler Sklerose – Was sagt die Wissenschaft? Ein Beitrag auf LIFE-SMS: Lebensstilmaßnahmen bei MS
Traumapatienten
Dissertation "Entwicklung von Selbststeuerungsprozessen am Beispiel der Feldenkrais-Methode - Eine qualitativ-empirische Untersuchung auf der Basis persönlicher Gespräche mit Ausbildungsabsolventen und Klienten, die sich mit der Feldenkrais-Methode in Form von Selbsterfahrung beschäftigt haben." von Susanne Herzog
Untersuchung zur Stressreduktion
"Evaluation eines Feldenkraisprogramms zur Stressreduktion" von Susanne Herzog und Stefanie Gloger
Analytische Psychotherapie
Dissertation "Auswirkungen der Feldenkraismethode – Bewusstheit durch Bewegung – unter besonderer Berucksichtigung psychosomatischer Aspekte" von Wolfgang Busch
von Essstörungen Betroffene
Diplomarbeit "Wirkungen der Feldenkrais-Methode 'Bewußtheit durch Bewegung' bei eßgestörten Patienten im Rahmen einer stationären Therapie" von Uwe Laumer
Grundschulkinder mit Aufmerksamkeitsstörung
Diplomarbeit "Psychomotorische Entwicklung und die Feldenkrais-Methode. Eine explorative Studie an Grundschulkindern" von Sabine Stastny
Alkoholkranke
Artikel "Die Feldenkraismethode in der Therapie mit Alkoholkranken" von Marcel Welsch im Feldenkrais forum